Die steinerne Front
Die Anfahrt über
das Dognatal für eine Bergtour ist bekanntlich nicht die Kürzeste, wenn man die
18 km der ehemaligen Militärstraße durch die wilden Hänge des Tals hinauf zur Sella Somdogna bedenkt.
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Chiout Zucuin 798 m |
Doch es sind immer wieder die beeindruckende Natur und Geschichte die dieses abgelegene
Tal so besonders machen. So auch am 23. November 2014.
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Jof di Montasio 2753 m mit dem Torre Nord |
Das dieses Tal eine ganz wichtige Rolle im Alpenkrieg 1917 spielte lässt sich aus den vielen Überresten vom Tal bis hinauf zu den Gipfel des Kanal- und Dognatales erkennen.
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Villaggio di guerra |
Die Sperre Malborghet / Malborghetto im Kanaltal hat zu Kriegsbeginn insofern eine bedeutende Rolle gespielt, als der italienische Nachrichtendienst seinem Oberkommando völlig falsche Informationen über diese Sperre lieferte und dadurch den Eindruck einer starken und nur schwer überwindbaren Anlage vermittelte.
Um diese Sperre
zu brechen wurde die Artilleriekraft im Dognatal mit nicht weniger als vier 149
mm, zwei 30,5 cm Haubitzen und zehn 21 cm Mörser das Fort verstärkt. Am 12.
Juni 1915 erfolgte der erste Schuss auf Malborghet. Ihm folgte eine Kanonade
die fast pausenlos bis zum August anhielt. Wenn im Dognatal das Feuer eröffnet
wurde läuteten vorher die Glocken. Dann musste Bevölkerung die Fenster öffnen,
um sie vor der Vernichtung durch die Druckwellen zu schützen.
Ein Fähnrich der außerhalb
der Festung in Malborghet das Abwehrfeuer der vier Geschütze leitete, zählte
die auf die Einschläge der Granaten. Es waren mehr als 1500 bis Ende Juni.
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Gesamtanlage |
Einen sehr guten
wenn auch bedrückenden Eindruck bekommt man bei der Linea fortificata dei plans.
Der kurze Rundgang beginnend bei der Straße führt durch die sehr gut erhaltene
Stellung mit Tunnels, Stellungen und endlosen Schützengräben.
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Geschützstellung
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Jof di Misdi 1902 m |
Ca. einen km vor
der eingeschneiten Sella Somdogna parkte ich mein Auto und starte ich mit dem
Anstieg zum Monte Piper. Etwas steil zieht der Weg Nr. 649 bis zur Weggabelung auf
1749 m, von der man die Gipfel der Due Pizzi zum ersten mal sieht. Hier zweigt man rechts ab und folgt dem Steig in nordöstlicher Richtung durch den Latschenbewuchs.
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Due Pizzi - Cima alta 2046 m und Cima vildiver 2008 m |
Über dem Abschnitt vom Due Pizzi
bis zum Monte Piper bzw. auch Jof Miezegnot verlief die damalige Front. Ein Bereich der nur mit schweren Verlusten gehalten werden konnte. Am 30. Juni
1915 vereinigten die italienischen Batterien des ganzen Abschnittes aus dem
Dognatal ihr Feuer auf den Ostgipfel des Due Pizzi und die Piperscharte.
Beobachter in den österreichischen Batterien am Stabet, auf der nördlichen
Talseite, sahen ununterbrochen die Feuerblitze der Einschläge aufzucken,
Scharte und Ostgipfel waren in Rauch und Flammen gehüllt.
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Der markante Kriegssteig, heute ein Klettersteig. |
Die steirischen Landstürmer
waren dem Feuerorkan schutzlos ausgeliefert. Die Steinmauern, hinter denen sie
Schutz suchten, zerstoben schon unter den ersten Einschlägen, und die
messerscharfen Steinsplitter erhöhten noch die schreckliche Wirkung des ersten
Trommelfeuers.
Es war allgemeint
bekannt das diese vorgeschobenen Stellungen nur unnotwendige Verluste machten.
Von Rechts wegen hätte man diese Stellungen schon früher freiwillig räumen können,
doch niemand hatte den Mut, den Befehl zu geben.
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Jof Fuart 2666 m |
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Jof Fuart und Jof di Montasio |
Der anschließende freien Hang zur Piperscharte zeigte sich schon etwas von der winterlichen Seite und verdeckte zeitweise den Weg. Doch es wird wohl noch etwas Zeit vergehen, bis man sich hier mit den Tourenski bewegen kann. Ganz anders war es an diesem Tag auf der Sella Nevea, wo ein paar Villacher ihrer Vorfreude auf die kommende Schitourensaison Luft machten.
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Monte Piper und die Piper Scharte 2069 m |
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Der dem Jof Montasio vorgelagerte Jof Somdogna 1889 m |
Auch der Jof Somdogna zwischen Monte Pipe und dem Jof Montasio, dessen Hochplateau in 1600 m Seehöhe als das "Il Convent" bezeichnet wird, stößt man auf die üblichen Überreste von Betonbauten, Kavernen und Steinbettungen. Der Gipfel ist auch ein perfektes Beispiel für die Befestigungskunst der Italiener. Zahlreich sind die Kavernen, die gepanzerten Schützengräben, Stollen, gemauerten Unterstände, Wege und Beobachtungspunkte. Der ganze Berg ist befestigt.
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Jof Fuart 2666 m |
Unschwer lassen
sich die markanten Bänder am Jof Fuart erkennen, welche im Krieg eine wichtige
Rolle spielten. Julius Kugy erlebte damals als 58 jähriger in der Funktion des
Alpinberaters seine gefährlichste Nacht in dieser Wand.
Er bemerkte treffend: „Wie
ernst sind die Berge im Krieg! Keine Laterne leuchtet deinem Weg, kein
Biwakfeuer brennt zur Rast, kein freundliches Licht grüßt herauf dem nächtlichen
Tal. Die almen stehen verlassen, die Ställe leer, die offenen Türen erzählen
von Armut und Not. Du stehst nicht frei im Licht und grüßest nicht Gottes
herrliche Natur. Du liegst gedeckt hinter dem Gipfelblock und spähst in die
Runde nach den Stellungen des Feindes und suchst nach Mitteln, um ihn zu
vernichten. Der Donner der Geschützte rollt hundertfach durch die Wände!
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Die Hohe Tauern |
Den Anstieg auf den Gipfel des Monte Piper schenkte ich mir und richtete mir statt dessen auf ca. 2000 m einen Liegestuhl her. Eine Stunde lang verfolgte ich das Naturschauspiel der Hetzjagd junger Böcke und
das Kreisen eines Steinadlers über dem Monte Piper. Dieser Moment war mehr als nur eine Belohnung.
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Ein kreisender Steinadler. |
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Kanaltal |
Nach dem Motto
"Es muss nicht immer ein Gipfel mit Namen sein..." stieg ich am späteren
Nachmittag mit einem breiten Grinser im Gesicht wieder Richtung Dognatal ab.
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Ric. Bernardinis 1970 m |
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Torre Nord |
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Mangart und Jalovec |
Charlie Chaplin's Rede an die Menschheit: